
Quelle: Jiska Morgenthal
Über die eigenen Grenzen hinausgehen: Das ist das Ziel einer neuen interdisziplinären Sommer-Programmreihe namens AUSUFERN, die im Juli startet. Damit sollen Kunstprojekte angestiftet werden, die in besonderem Maße in den gesellschaftlichen Raum hineinwirken. Das ist auch räumlich gemeint: AUSUFERN soll auch den Dialog der Uferstudios vor allem mit der Nachbarschaft und Realität im Gesundbrunnen suchen. Die Uferstudios GmbH will so dem dringenden Wunsch aller Partner am Standort nach einer stärkeren Öffnung der Uferstudios nachkommen.
Tanzen im Hof am 1 Juli ist das vielleicht sichtbarste Zeichen der Programmreihe: Ein gemeinsamer Tanz, offen für alle, umsonst und draußen. Langfristig steht die AUSUFERN im Zusammenhang mit Plänen, den Gebäudekomplex um das Heizhaus – nach seiner Sanierung aus Mitteln der Stiftung Klassenlotterie Berlin – dauerhaft Künstlern und Besuchern für diese Art von künstlerischen und gemeinschaftlichen Ereignissen zu widmen: als „Kulturheizhaus mit Berliner Zimmer“.
Teilnehmergruppen mit diversen Berufshintergründen, die sich in AUSUFERN 2016 in verschiedenen Formaten zusammenfinden, werden als „neue Auftraggeber“ zwei der Programmblöcke im Jahr 2017 initiieren: sie werden Themen, die ihnen wichtig erscheinen, für Kunstprojekte formulieren. In einem moderierten Prozess mit ausgewählten Künstlern werden diese Kunstprojekte dann realisiert. AUSUFERN richtet sich an ein breites Publikum aller Altersgruppen, an Nachbarn und Künstler. Die Veranstaltungen finden von Juli bis Oktober 2016 und von Mai bis Oktober 2017 jeweils an den ersten vier Tagen des Monats statt – drinnen und draußen, barriere- und kostenfrei.
Programm Juli/August
- Juli 2016 ǀ 18.30 Uhr ǀ Im Hof der Uferstudios (wiederkehrend)
„Tanzen im Hof“
Ein gemeinsamer Tanz, offen für alle, umsonst und draußen. Wechselnde Berliner Choreographen-Tandems laden ein, ihre jeweils unterschiedliche Tanzpraxis spielerisch kennenzulernen und sich auszutauschen.
In Kooperation mit der Tanzfabrik e.V., Leitung: Gisela Müller
Im Juli lädt das Choreographen-Paar Ayara Hernández Holz und Felix Marchand alias LUPITA PULPO ein, choreographische Raumfiguren zu entdecken und zu tanzen.
1.-3. Juli 2016 ǀ 1. Juli, 20.30 Uhr ǀ 2. Juli, 19.00 Uhr ǀ 3. Juli, 19.00 Uhr ǀ Studio 14
„Atlas – Version Berlin“ von Ana Borralho & João Galante / casaBranca
Berliner Version des weltweit tourenden Projekts.
Ana Borralho & João Galante wollen aus dem Theater wieder einen politischen Raum machen: 100 Personen kommen auf die Bühne. Eine Landschaft aus Menschen mit verschiedenen Berufen und jeder behauptet seine Stellung in der Gesellschaft. So entsteht ein „Atlas“, der den komplexen Zusammenhalt eines sozialen Gewebes, widerspiegelt. Die Idee für „Atlas“ entstand aus der Überzeugung, dass Kunst eine aktive Rolle in der Gesellschaft spielen soll. Eine Arbeit, die Kunst und Leben verbindet, eine stille Revolution.
Erste Anregungen für dieses Stück lieferten die Aussagen des Künstlers Joseph Beuys: „Wir sind die Revolution“ und „Jeder ist ein Künstler“ sowie seine Idee der ‚sozialen Plastikʼ (auch ‚soziale Skulptur’), die auf die Verbindung von Kunst und Leben verweisen.
Die Struktur der Inszenierung ist inspiriert durch das Kinderlied: „Ein Elefant stört viele Menschen, doch zwei Elefanten stören noch viel mehr, zwei Elefanten stören viele Menschen, doch drei Elefanten stören umso mehr…“ In dem Stück sind es aber nicht Elefanten, sondern Menschen mit verschiedenen Berufen. Die Performance beginnt mit einer Person und endet mit 100 Personen auf der Bühne.
2011 in Lissabon uraufgeführt, fanden Versionen bereits in Warschau, Gent, Mailand, Budapest, Lausanne, Athen, Montpellier und Sao Paolo u. a. statt. Jetzt kommt „Atlas“ auch nach Berlin in die Uferstudios. In keiner Stadt ist die Performance gleich, sondern wird von den Mitspielern und deren Lebenswelten und Ideen geprägt.
Die Performance wird in einem viertägigen, jeweils dreistündigen Workshop sowie in zwei Gesamtproben erarbeitet, wobei die Mitwirkung der Menschen in dem Workshop bereits Teil des Kunstprojekts ist. Teilnehmen können alle, mit und ohne Bühnenerfahrung.
1.-14. Juli 2016 ǀ Mo-Do 9-18 Uhr und Fr 9-21 Uhr ǀ Sa, So 18-21 Uhr ǀ Studio 13
„On Tradition“ Videoinstallation von Jo Parkes / Mobile Dance (Wiederaufnahme)
- Juli 2016, 17 Uhr ǀ Studio 13 Gespräch Jo Parkes und Anna Chrusciel (s. u.)
Ein Friseur, eine Möbelherstellerin, zwei Tänzerinnen, ein Pfarrer, zwei Kleidungsgeschäft-Eigentümer, eine Köchin, eine Bibliothekarin, ein Saftbar-Betreiber und zwei Handy-Verkäufer: 2015 betrachtete die Tanz-Video-Künstlerin Jo Parkes zusammen mit 12 Menschen, die in der Badstraße in Berlin-Wedding arbeiten, die Rolle der Tradition in ihren Leben. Die Menschen kommen aus dem Libanon, der Türkei, Deutschland, dem Gazastreifen, Südkorea und Pakistan.
Was machst Du so, wie es Deine Eltern schon getan haben? Was machst Du anders? Wie machen es Deine Kinder?
Das in 2015 durchgeführte Projekt untersucht, wie Menschen ihre familiäre und kulturelle Tradition leben. In der Großstadt-Lebenswelt des 21. Jahrhunderts leben wir Seite an Seite mit Menschen unterschiedlicher Kulturen und Ethnien: Welche Traditionen sind fest verwurzelt und welche mutieren in diesem neuen Kontext? Welche Rolle spielt Körperlichkeit in dieser Überlieferung? Welche Rolle spielt Tanz in der Übertragung von Tradition?
Das Ergebnis war eine Reihe von 12 kurzen Videoporträts, die vom 5. bis 18. September 2015 in den jeweiligen Ladenschaufenstern in der Badstraße und in den Uferstudios präsentiert wurden.
Das Projekt entstand in Partnerschaft zwischen Mobile Dance und Tanzfabrik Berlin e.V. und wurde finanziert vom Fonds Darstellende Künste und dem Kofinanzierungsfonds der Berliner Kulturverwaltung.
Im Rahmen der Veranstaltungsserie AUSUFERN 2016 werden die 12 Kurzfilme als gemeinsame Videoinstallation erneut in den Uferstudios gezeigt und zur Diskussion gestellt.
- Juli 2016 ǀ 17 Uhr ǀ Studio 13
„Meine Geschichte, dein Portrait“ – Jo Parkes (Tanz- und Videokünstlerin, ‚documentary dance maker‘) und Anna Chrusciel (Institute for Art Education / IAE der Zürcher Hochschule der Künste / ZHdK) im kritischen Dialog über Machtverhältnisse im künstlerischen Prozess im Rahmen der Videoinstallation „On Tradition“
- Juli ǀ ab 18 Uhr ǀ Uferstudios
„Open House“ – Einladung zu Probenbesuchen
Die Studios öffnen sich zum Austausch zwischen Künstlern und Besuchern: Proben u.a. von Jess Curtis & Claire Cunningham, Juan Dominguez und seinen Kollaborateuren Maria Jerez, Alice Chauchat, Arantxa Martinez sowie eine Orchesterprobe von Akamus ǀ Akademie für Alte Musik Berlin können besucht werden.
- August 2016, 18.30 Uhr ǀ Im Hof der Uferstudios (wiederkehrend)
„Tanzen im Hof“ Im August mit den Choreografen: Gisela Müller und Gregor Kamnike
2.-4. August 2016, 20.30 ǀ Studio 1
„The Wedding Orchestra for Middle Eastern Music” (Arbeitstitel) von Ariel Efraim Ashbel
Oum Kalthoum (1904 – 1975) gilt in der arabischen Welt als wohl einflussreichste Sängerin des 20. Jahrhunderts, ihre Musik und das Wissen um sie drang bisher jedoch kaum in den europäischen Kulturkreis ein. In Deutschland ist sie bis heute gemeinhin unbekannt.
Mit „The Wedding Orchestra for Middle Eastern Music“ soll Kalthoums inspirierende Musik sowie ihr einzigartiger Stil geehrt und ins Heute transportiert und gleichzeitig eine Brücke zwischen Künstlern unterschiedlicher Herkunft und anderen heterogenen Gemeinschaften geschlagen werden.
Der israelische Regisseur Ariel Efraim Ashbel und sein Team stellen von Mai bis August 2016 ein Orchester aus professionellen Musikern unterschiedlicher Herkunft u. a. aus der Community der Geflüchteten zusammen. Viele von ihnen sind mit der Geschichte und der Musik Kalthoums bestens vertraut. In einem kontinuierlichen Prozess soll ein gemeinsames Repertoire erarbeitet werden.
Im Rahmen von AUSUFERN wird sich das neu formierte Orchester zunächst auf das Erbe und die Musik der legendären Diva Oum Kalthoum konzentrieren, um ihre Musik auch dem Berliner Publikum zu vermitteln. Eine von Kalthoums berühmten Kompositionen wird von dem Orchester und der Sopranistin Ruth Rosenfeld live vorgetragen. Mit einer Videocollage originaler Konzertaufnahmen wird das Konzert als zeitgenössische Performance präsentiert, eine Gesprächsrunde wird die Arbeit kontextualisieren und eine Bauchtanzparty mit DJ Obstsalat den Abend beenden.
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