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Bau der S 21: Konsequenzen für den Sprengelkiez

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Die ersten Bäume sind gefällt, das Ufer am Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal wird umgepflügt, der Uferradweg ist gesperrt und es ist nicht mehr zu übersehen: im Februar haben die Arbeiten für die neue S-Bahn-Linie 21 begonnen. Zurück geht diese Maßnahme auf einen Planfeststellungsbeschluss von 2005. Nach zwei Informationsveranstaltungen der Deutschen Bahn im betroffenen Sprengelkiez bleiben mehr Fragen als Antworten. 

Genau hier wird eine zweite Brücke auf dem Straßenniveau der Tegeler Straße gebaut

Genau hier wird eine zweite Brücke auf dem Straßenniveau der Tegeler Straße gebaut

Beim zweiten Informationsabend war ein Vertreter der Verkehrsverwaltung, Herr Wustrow, anwesend, um Auskunft über die veränderte Verkehrsführung zu geben . Dem Wenigen, was wirklich dazu gesagt wurde, war zu entnehmen, dass es keine Planungen gibt. Weder rechne man mit höherem Verkehrsaufkommen noch mit steigender Lärmbelästigung.

So wird der Verkehr heute durch den Kiez geführt

Momentan führt der Durchgangsverkehr durch die Tegeler Straße. Vom Hauptbahnhof kommend wird die Strecke durch den Kiez als Transfer zur Autobahn oder in den Norden benutzt. Zunehmender Schwerlastverkehr sorgt für Lärmbelastung, zumal die Tegeler Straße bis zur Lynarstraße Kopfsteinpflaster führt. Das Friedrich-Krause-Ufer steht zwar (theoretisch) zur Verfügung,wird aber nicht in dem Sinne genutzt, wie es wünschenswert wäre. Zudem ist diese Uferstraße seit Monaten wegen einer Baustelle eine Sackgasse. Herrn Wustrow war das nicht bekannt, so dass er auch nicht sagen konnte, wer dafür verantwortlich ist (vermutlich Vattenfall). An dieser Baustelle passiert aktuell nichts, typisch für Planungen in dieser Stadt.

Das wird sich durch den Brückenbau ändern

Die Tegeler Straße wird für den Durchgangsverkehr geschlossen, es werden zu beiden Seiten Sackgassen entstehen. Die Bahn hat sich verpflichtet, eine Ersatzstraße als Zugang für den Kiez von der Fennstraße kommend zu bauen. Das wird das “neue Nordufer”, das Ende 2014 eröffnet werden soll, wenn die Tegeler Straße geschlossen wird.

Im Zick-Zack durch den Sprengelkiez?

So wird die S 21 in die Verkehrssituation eingreifen

So wird die S 21 in die Verkehrssituation eingreifen

Der Busverkehr wird von der Fennstraße kommend über das Nordufer in die Lynarstraße und dann zurück auf die Tegeler Straße geführt. Der Rest des Durchgangsverkehrs wird ebenfalls diesen Verlauf nehmen und noch eine weitere Alternative haben, nämlich weiter geradeaus und dann rechts in die Samoastraße. Diese Möglichkeit wird wahrscheinlich im Lauf der Zeit beliebter werden, denn die Autofahrer werden diese Route bevorzugen, weil der „Schlenker“ über die Lynar-/Tegeler Straße und eine Ampelanlage entfällt. Beide Routen werden mindestens zweispurig angelegt werden müssen (eine Einbahnstraßenregelung ist nicht vorgesehen). Dadurch werden im Bereich der Lynar- und Samoastraße Anwohnerparkplätze wegfallen, denn die Autos können dort nicht mehr quer zum Bürgersteig parken. Auch die jetzige Nordufer-Sackgasse dürfte für Parkplätze nicht mehr in Frage kommen. Kurz noch zur Erinnerung, welche Einrichtungen sich auf diesen beiden Routen befinden:

  1. Lynarstraße/Tegeler Straße: Spielplatz – Kindertagesstätte – Schule

  2. Samoastraße: Der Pekinger Platz mit Spielplatz und dem nahen Sprengelpark

Lärmbelästigung vorprogrammiert

Bauvorbereitende Maßnahmen am Kanalufer

Bauvorbereitende Maßnahmen am Kanalufer

Am stärksten betroffen ist die Lynarstraße. Die Straße führt ab der Einmündung des Nordufers bis zur Ampel Tegeler Straße Kopfsteinpflaster. Auf diesem kurzen Teilstück wird bis zur Ampel nur beschleunigt. Dazu kommt permanenter Lärm durch die Wartezeit an der Ampel und dann wieder Beschleunigung beim Einbiegen in die Tegeler Straße. Auf diesem Stück ist in Stoßzeiten mit Staus zu rechnen. Hinzu kommt der Lärm von dann drei Bahntrassen – schon heute ist eine Benutzung der Balkone der Anwohner fast unmöglich.

In diesem Zusammenhang gab es auf dem Treffen am 23. Februar eine sehr interessante Bemerkung von Herrn Wustrow, dem Beauftragten der Senatsverwaltung. Demnach hat die Deutsche Bahn die vereinbarte Anzahl von Gütertransporten (insbesondere die Tanklastzüge, die vornehmlich nachts verkehren), eigenmächtig um ein Vielfaches überschritten: „Das ist bekannt und man wird das im Auge behalten“, betonte Wustrow. Leider ist das zu wenig und hilft niemandem. Bemerkenswert ist, dass die Deutsche Bahn sich einfach so über Vereinbarungen hinwegsetzen darf!

Die gesamte Lärmbelästigung dürfte also um ein Vielfaches steigen, denn angesichts der fehlenden Planung ist natürlich auch nicht vorgesehen, den Straßenbelag der Lynarstraße zu verändern. „Man wird das im Auge behalten“, glücklicherweise.

Sämtliche Verkehrszählungen und Messungen, die man vor dem Bau der S 21 durchgeführt hat, sind acht bis zehn Jahre alt. Hinsichtlich der Erhebungen von 2010, die angeblich durchgeführt wurden, habe ich keine Informationen gefunden.

Auf lange Sicht wird sich der Verkehr noch verschärfen, spätestens, wenn die neue “Europacity“ an der Heidestraße gebaut ist, wird sich der Durchgangsverkehr multiplizieren.

Für die Alternativroute zur Samoastraße gilt ähnliches: auch hier führt die Straße Kopfsteinpflaster, mit Staus an der Ecke zur Sprengelstraße muss gerechnet werden, da eine Rechts vor Links-Regelung gilt. Alternativ könnte man eine Ampel installieren. Dies dürfte jedoch nicht geschehen, denn so etwas sehen „Nullplanungen“ eben nicht vor.

Das Nordufer wird, mit etwas zögerlicher Verbindlichkeit von Herrn Wustrow, verkündet, geschlossen bleiben. Man wird sehen. Glauben kann man das wohl erst, wenn die im Planfeststellungsbeschluss festgeschriebene Begrünung durchgeführt wird. Bis dahin kann alles geschehen, man müsste nur die Poller wieder abbauen – der Straßenbelag ist noch vorhanden. Damit hätte man die ideale, billigste und unkomplizierteste Anbindung an die Autobahn, die denkbar ist. Ob das nun beschlusskonform ist oder nicht, die Erfahrung zeigt, dass irgendwelche Paragraphen immer benutzbar sind, um andere aufzuweichen.

Auf Auto-Irrfahrt durch den Kiez

Tegeler Ecke Lynarstr.

Tegeler Ecke Lynarstr.

Man kann die Psyche des Autofahrers nicht beeinflussen, dies hat die jüngste Vergangenheit gezeigt. Selbst das Angebot eines zweiten Richtungspfeils an der Heidestraße hat den Gewohnheitsfahrer nicht davon abgebracht, sich durch die Tegeler Straße zu quälen. Es sind ein paar Meter weniger als über das Friedrich-Krause-Ufer auf der anderen Kanalseite. Und dann noch die zwei Ampeln …

Das heißt nichts weiter, als dass der normale Autofahrer auch weiterhin durch den Kiez fahren wird.

Er/Sie kann nur die zwei o.g. Varianten wählen. Es wird keine Alternativen geben und ob dann irgendwelche Messungen vorgenommen werden, steht in den Sternen. Zumal ja sowieso erst „mal alles im Auge behalten wird“. Dieser Satz fiel übrigens am 23. Februar öfter. Leider hilft es den Anwohnern nichts. Durch zu geringe Schutzmaßnahmen bei steigendem Verkehr wird weder dem Bahnlärm, noch dem zusätzlichen Straßenlärm Rechnung getragen. So hat z. B. der Senat für die neue Trasse keine Lärmschutzmaßnahmen vorgegeben. Im Gegenzug empfiehlt der Autor, einmal eine Messung in der Tegeler Straße /Nordufer/ Lynarstraße in der Zeit von 23 Uhr bis 1 Uhr vorzunehmen, wenn im 5 – 10-Minuten-Takt die Güterzüge durchfahren.

Unter dem Strich bleibt beim Stand der Dinge, dass von Seiten der zuständigen Behörden (und nur die sind zuständig, die Bahn ist raus) keine Hilfe, zumindest schnelle, zu erwarten ist, wenn die Straßenbauarbeiten abgeschlossen sind. „Man wird alles im Auge behalten“.

Dabei gäbe es Alternativen

Foto0945[1]Damit niemand Beschwerde führen kann für die Zeit nach Schließung der Tegeler Straße und Öffnung des Nordufers, gibt es natürlich auch einen Gegenentwurf und recht kostengünstige Empfehlungen:

Die Einfahrt über das neue Nordufer könnte beschränkt werden auf Anlieger, die BVG, Versorgungsfahrzeuge, Polizei und Notfallfahrzeuge.

Der Durchgangsverkehr könnte über das Friedrich-Krause-Ufer geleitet werden, denn genau da ist er am besten aufgehoben, weil er niemanden stört. Dort gibt es keine Wohnbebauung. Schwerlastverkehr ist generell im Kiez verboten (bis auf die Ausnahmen).

Die Maßnahmen, die für dieses Konzept zu ergreifen sind, verursachen sehr wenig Kosten (Verkehrsschilder/Straßenbeschriftung). Allerdings erfordern sie konsequentes und zügiges politisches Handeln.

Ausblick für den Sprengelkiez

Was zu befürchten ist: wenn das Nordufer geschlossen bleibt, wird es eine Teilung der Bewohnerschaft des Kiezes geben. Nämlich in die, die von der veränderten Verkehrsführung betroffen sind und in die, die davon überhaupt nichts mitbekommen (also alle westlich des Pekinger Platzes). Das erschwert es natürlich, dass sich möglichst viele aktiv an der Kiezgestaltung beteiligen. Wobei man ja nicht außer Acht lassen sollte, dass die Verkehrsberuhigung des gesamten Kiezes Vorrang haben sollte.

Da die Veränderungen erst Ende 2014 greifen werden, werden sich weder Senat noch BVV mit dem Thema beschäftigen müssen. Der Planfeststellungsbeschluss erging, ohne verbindliche Regelungen zu finden, wie die Anwohner von der veränderten Verkehrsführung
zu entlasten sind. Die Schließung das Nordufers am Pekinger Platz allein reicht nicht aus. Aber so, wie es aussieht, lassen die politisch
Verantwortlichen alles laufen.

 Deshalb wäre es nicht schlecht, in den nächsten 36 Monaten immer mal wieder ein Zusammentreffen interessierter Anwohner zu organisieren, um sich zu informieren und im Gespräch zu bleiben. Denn wenn man erst mit der Arbeit anfängt, wenn alles zu spät ist, dann können wir auch unsere Lokalpolitiker nicht mehr einbinden und das wäre ein Versäumnis. Und die Dinge zu tun, die im Zuge der neuen Verkehrssituation im Kiez zu tun sind, ist keine Sache, die lange dauern muss. Nicht im Vollzug. Auf dem Weg dorthin schon. „Wir sollten es im Auge behalten.” Auch wir Bewohner des Sprengelkiezes!

Autor: Jörg Reinhardt

Erläuterungen zu den Planungen



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