Es war ein Schnellschuss und dennoch ein guter Anfang. Das “Kulturfestival Wedding Moabit” brachte vom 13. bis 15. September hunderte Künstler und Kulturschaffende auf die Beine, lockte zigtausende Berliner in Kieze, die sie bis dahin nur vom Hörensagen kannten. Und manch “Ureinwohner” rieb sich verwundert die Augen ob der kreativen Vielfalt, die sich für ihn hier plötzlich und vor seiner Haustür auftat. Und dennoch: Dass hier etwas zusammenwuchs, was schon immer zusammengehört – dieses Gefühl, diese Gewissheit wollte sich partout nicht einstellen. Wie auch angesichts der immens kurzen Vorbereitungszeit und einer über alle Maßen schwammigen Ausschreibung.
Nun also der Neustart: Am 21. November und 4. Dezember soll in Workshops des in Gründung befindlichen Kulturnetzwerkes Wedding Moabit erst einmal geklärt werden, um was es sich dabei überhaupt handelt, was es braucht und wie es funktionieren soll. Unter Leitung der Autorin und Unternehmensberaterin Karla Reimert Montasser und der Künstlerin und Kunsthistorikerin Dr. Käthe Wenzel geht es nicht nur darum, Logo, Motto und Slogan zu entwickeln, sondern auch um die Beschreibung der Werte, Ziele und Besonderheiten des Netzwerkes und der Formulierung von Forderungen an die Politik.
An diesem Punkt wird’s spannend, denn offensichtlich haben sich die zuständigen Bezirkskulturverwalter vom hohen Ross ihrer Beratungsresistenz geschwungen und zugesagt, das Kulturnetzwerk als Stimme ernst zu nehmen und mit ihm auf Augenhöhe diskutieren zu wollen. Und nicht nur das: Parallel zum Workshop der Kulturakteure durchläuft auch die Verwaltung einen solchen, in dem sie sich selbst und ihre Leitbilder auf den Prüfstand stellt. Jetzt bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass sich möglichst viele Kulturakteure und Interessierte nicht vom verkopften Workshop-Titel “Produktion.Straße.MitteKult” abschrecken lassen und die Gelegenheit nutzen, sich einbringen zu können. Nur dann nämlich haben das Kulturnetzwerk und das Kulturfestival eine Chance, sich als kiezübergreifende und -verbindende Institutionen zu etablieren.
Autor: Ulf Teichert
Die Kolumne „Weddingweiser’s Woche“ erscheint ebenfalls jeden Samstag neu im Berliner Abendblatt, Ausgabe Wedding.
