Bevor der Wähler im September 2016 bei der Wahl des Berliner Abgeordnetenhaus seine Kreuzchen machen darf, müssen die Parteien die Menschen wählen, die auf den Wahlzetteln genannt sind. Die Partei Bündnis 90/Die Grünen hat am Dienstag (13.10.) ihre Direktkandidaten für die sieben Wahlkreise in Mitte bestimmt. Für die sieben Anwärter ging auf einer Wahl-Mitgliederversammlung der Grünen alles glatt. Die Partei rechnet sich für die Landtagswahl im September 2016 im Bezirk Mitte mehrere direkt gewonnene Wahlkreise aus.
Zustimmung für die Kandidaten
Während aus Sicht des Wählers die so genannten Zweitstimme entscheidend ist, weil sie bestimmt, wie viele Sitze überhaupt einer Partei zustehen, ist für den einzelnen Politiker die Erststimme entscheidend. Wer als Direktkandidat viele Erststimmen holt, hat in der Partei Gewicht.
Rund 100 Grüne aus Mitte kamen am Dienstag ins ehemalige Rathaus Tiergarten, um auf einer Wahl-Mitgliederversammlung ihre sieben Direktkandidaten offiziell ins Rennen zu schicken. Überraschungen gab es an diesem Abend nicht. Politik funktioniert eben nicht wie ein Fußballspiel, sie ähnelt eher dem Schach. Wer bei der Wahl der Direktkandidaten zweimal 45 Minuten sehenswerte Dribblings oder gar Fouls erwartet haben sollte, konnte nur enttäuscht werden. Bereits in der Einladung zu diesem Abend stand ja, dass für jede Position jeweils nur eine Person kandidieren wird.
In der Tat hat es ja auch etwas Beruhigendes, wenn Politiker wie Schachspieler drei oder mehr Züge im Voraus planen können. Dennoch lebt auch in den Parteien (und auch bei den Grünen) die Sehnsucht nach großen Gefühlen, wie sie das Fußballspiel bereit hält. Es war im Saal trotz allen beschworenen Mannschaftsgeists zu spüren, dass die Mitglieder vor allem von der Fraktionsvorsitzenden Ramona Pop begeistert waren. Als einzige Kandidatin wurde sie mit „liebe“ Ramona ans Pult gebeten, von den Bänken winkte man ihr auf dem Sitzplatz zu und ihre Bewerbungsrede erhielt starken Beifall.
Drei oder vier Wahlkreise in Wedding/Gesundbrunnen?
Die Wahlkreise wurden im Bezirk Mitte vor kurzem von sechs auf sieben erhöht – siehe Beitrag Zoff um neuen Wahlkreis in Mitte. Die Parteiversammlung der Grünen hat am Ende bestätigt, dass Jenny Neubert (38 von 40 Stimmen) rund um das Brunnenviertel antreten wird, dass Nedim Bayat (33 von 42 Stimmen) im Gesundbrunnen und Daniel Gollasch (33 von 42 Stimmen) im Wedding um Erststimmen werben (Der Brüsseler Kiez gehört als Anhängsel zum Moabiter Wahlkreis).

Marathonläufer Nedim Bayat wird als Direktkandidat im Gesundbrunnen viel Puste brauchen – Foto: Andrei Schnell
Nach einem Blick auf die Ergebnisse der Wahl 2011 hofft unter den drei letztgenannten Kandidaten vor allem Daniel Gollasch, den Einzug ins Parlament zu schaffen. Der 32-jährige, aktiv im Verein Mastul, bei der Weddinger Lesewoche und auch beim Weddingweiser setzt auf seine Vernetzung im Kiez.
Wahl und Stimmungsbild
Wer nicht mit den Gepflogenheiten der Grünen vertraut ist, für den war etwas überraschend, dass doppelt gewählt wurde. Einmal wurde ein Stimmungsbild unter den Mitgliedern erhoben, die tatsächlich in der Ortsgruppe Mitte Mitglied sind. Denn Parteimitglieder einer Ortsgruppe können auch Menschen sein, die in einem anderen Berliner Bezirk wohnen. Es war allerdings nicht mitzubekommen, dass irgendwer unter den Anwesenden übermäßig an dieser Art Umfrage hing.
Erst zu später Stunde dann, als viele bereits gegangen waren, kam die Satzung zum Zuge, nach der aufgrund § 5 Satz 4 klar der Wohnsitz über das Recht auf Wahl entscheidet: „Jedes Mitglied hat … bei der Aufstellung der Kandidaten für öffentliche Wahlen Stimmrecht in der Bezirksgruppe …, im dem es seinen Hauptwohnsitz hat.“ Ob die Mitgliedschaft in einer Ortsgruppe oder der Wohnsitz zur Wahl der Kandidaten berechtigt, darf die Partei entscheiden, wie es im §12 des Berliner Landeswahlgesetzes heißt: Über die Kandidaten „… hat eine Versammlung der Parteimitglieder geheim abzustimmen, die im Wahlkreisverband wahlberechtigt sind oder der bezirklichen Gliederung der Partei angehören …“
Die anderen Parteien
Die SPD hat auf zwei Kreisdelegiertenkonferenzen (Wort mit 27 Buchstaben) bereits ihre Kandidaten der BVV gewählt. Für die Abgeordnetenhauswahl wählt die SPD in Mitte ihre Kandidaten Anfang Dezember. Die CDU wählt ihre Direktkandidaten ebenfalls in den nächsten Wochen.
Autor und Fotos: Andrei Schnell
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