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Die 8 der Wege – Moderne Kunst aus Peking

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In den Uferhallen liegt Ai Weiwei tot am Boden. Die hyperrealistische Skulptur des jungen Künstlers He Xiangyu zeigt den wesentlich berühmteren Kollegen als endgültigen Verlierer im Kampf zwischen Kunst und System. Das Werk entstand 2011, nach der Verhaftung Ai Weiweis, und illustriert, wie schnell man bei dem Balanceakt zwischen Chinas Welten und Widersprüchen die Haltung – und noch vieles mehr – verlieren kann. Trotzdem ist die chinesische Kunstszene lebendig, jung und kontrovers. Die Ausstellung “Die 8 der Wege” in den Weddinger Uferhallen zeigt bis 13. Juli 2014 einige der spannendsten Pekinger Vertreter dieser Szene.

Die hellen, weitläufigen Uferhallen betreten Besucher diesmal durch einen schmalen, grauen Gang. Dabei begleitet sie eine Geräuschkulisse, direkt aus den engen Gassen Pekings, die in der Realität mehr und mehr zu verschwinden droht. Ähnlich der Marktschreier zogen noch vor kurzer Zeit zahlreiche Händler und Handwerker durch die Innenstadt und baten den Bewohnern lautstark ihre Dienste an. Die andauernde Landflucht, der steigende Tourismus und die wachsende Zahl von Autos verändern aber nicht nur Gesicht sondern auch Klang der Stadt. Der britisch-chinesische Künstler Colin Chinnery rekonstruiert und archiviert diese verschwindenden Geräusche. Seine Installation bietet einen akustischen Einstieg in ein Peking voller Gegensätze.

8derwege_cageDirekt danach führt die Ausstellung in den “Cage” (Käfig) von Li Hui. Dieser besteht ausschließlich aus dem grünen Licht von einigen harmlosen Laserstrahlen. Und trotzdem fühlt man sich gefangen zwischen diesen Gitterstäben, erwischt sich dabei, wie man sich im Stil von “Mission Impossible” durch die Installation bewegt. Der Käfig hat etwas Spielerisches und zugleich Beklemmendes; zeigt, wie unüberwindbar manchmal Grenzen scheinen, die nur in unseren Köpfen existieren. Das Spiel mit Grenzen zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Ausstellung. Die Künstler und Künstlerinnen bewegen sich zwischen privat und öffentlich, traditionell und progressiv, aktiv und passiv.

 

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Interessant dabei ist vor allem, dass es wenig darum geht, die eigene Künstlerpersönlichkeit als Marke zu inszenieren, wie es im Westen häufig der Fall ist. (Man muss kein Kenner sein, um einen Warhol zu identifizieren.) Der Pekinger Szene scheint es eher ein Anliegen zu sein, ihr Lebensumfeld darzustellen und dessen widersprüchliche Existenz verständlich zu machen. Eine Video-Installation fängt auf neun Bildschirmen den unmittelbaren Alltag des Künstlers im Norden der Stadt ein – gebrochen nur durch plötzlich aufflimmernde bunte Farben. Bei genauerer Betrachtung treffen sich in diesen Videos immer wieder westliche Symbole und traditionell chinesische Kultur. Der Wandel der Stadt wird ein weiteres Mal deutlich.

 

8derwege_bild “Die 8 der Wege”, veranstaltet von der Gesellschaft für Deutsch-Chinesischen kulturellen Austausch entstand zum 20-jährigen Jubiläum der Städtpartnerschaft Berlin-Beijing. Mit Kunstwerken, die so privat sind, wie eine Spinne auf nackter Haut, und so öffentlich, wie ein festgeklebter Stein am berüchtigten Tian’anmen Platz, lädt die Ausstellung auch westliche Besucher ein, zwischen den Welten zu wandeln. Während sich Ai Weiweis große Werkschau im Martin-Gropius-Bau auf einen Künstler konzentriert, wird hier eine Fülle von Werken gezeigt, mit unterschiedlichen Zugängen und Hintergründen. Die Künstler und Künstlerinnen scheuen weder Provokation noch Einfachheit, um auf sich aufmerksam zu machen und nicht übersehen zu werden. Und diese Aufmerksamkeit haben sie verdient.

 

Die 8 der Wege

30. April bis 13. Juli 2014

Uferhallen, Uferstraße 8, 13357 Berlin

Weitere Infos: www.die8derwege.info

 

Text & Fotos: Alexandra Resch

 

 

 



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